Herr Chavie, warum ist die Einzelhandelsbranche so attraktiv für Betrüger?
Ein Grund ist auf jeden Fall die Häufigkeit der Transaktionen. Bei jeder einzelnen Transaktion ist es potenziell möglich, auf die mit den Kredit- und Kundenkarten verbundenen Kundendaten zuzugreifen. Und anders als vielfach angenommen sind es gerade Unternehmen mit Ladengeschäften, die für ihre Kauftransaktionen auf getestete und bewährte POS-Software (Point of Sales) vertrauen, die hier mit Problemen zu kämpfen haben und weniger die Online-Händler, die ihre Bestell- und Zahlungssoftware meist regelmäßiger aktualisieren, um die sensiblen Privat- und Bankdaten ihrer Kunden zu schützen.
Warum hat gerade der stationäre Handel mit so vielen Problemen zu kämpfen?
So mancher Einzelhändler setzt noch auf Software aus der Zeit vor dem Internetboom. Damals war es üblich, die POS-Software im Abstand mehrerer Monate mittels „Golden Disc“ zu aktualisieren. Zudem hatten POS-Systeme einen Produktlebenszyklus von zehn oder mehr Jahren. Diese Händler müssen sich fragen, wie sie den heutigen Hackern, die ihr Geschäftsumfeld nach Schwachstellen absuchen, effektiv begegnen wollen.
Selbst wenn ein Datenmissbrauch bekannt ist, kann es bei solchen POS-Systemen Wochen oder gar Monate dauern, bis die Sicherheitslücke innerhalb einer großen Handelskette geschlossen ist. Gerade sie stehen aber oft vor einer besonderen Herausforderung. Denn auch Hacker „folgen dem Geld“ und nehmen gerade bekannte Marken wie Target, Neiman Marcus, Home Depot, Staples und JP Morgan Chase gern aufs Korn- Es erhöht außerdem die Risiken, wenn sowohl der Einzelhändler als auch die Bank potentielle Ziele von Hackern sind. Ironischerweise greifen deshalb immer mehr Kunden wieder auf Bargeld zurück, um beim Einkauf im Ladengeschäft solche Risiken von vornherein auszuschließen.
Welche Auswirkungen hat das auf die Wettbewerbsfähigkeit der Händler und das Image bei den Kunden?
Mehr denn je stehen Einzelhändler vor der Entscheidung, ob sie in neue Technologien investieren wollen oder das Risiko eingehen, im Wettbewerb zurückzufallen. Denn die Kunden wenden sich von Unternehmen und Marken ab, die ihre Informationen und Kundendaten nicht angemessen schützen.
Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Software Advice gaben mehr als drei Viertel der teilnehmenden Verbraucher an, dass sie mit geringer Wahrscheinlichkeit oder sogar auf keinen Fall bei einem Unternehmen einkaufen würden, das ihre persönlichen Kundendaten kompromittiert. Es mag erstaunlich klingen, aber mittlerweile halten viele Verbraucher Online-Käufe für sicherer als Kreditkartenkäufe im Laden.
Das ist einer der Gründe für das Wachstum des eCommerce, die Verbraucher wünschen sich Einfachheit und Sicherheit und beides wird Ihnen damit geboten. Damit Multi-Channel-Konzepte im Einzelhandel funktionieren, dürfen die Ladengeschäfte den Anschluss hierbei nicht verlieren.