Den Ansprüchen des modernen Kunden gerecht zu werden, ist eine Herausforderung für viele Händler. Denn Kunden denken heute nicht mehr in Kanälen, ganz im Gegensatz zu vielen (auch großen) Playern der Retail-Branche. Für diese ist es daher von entscheidender Bedeutung, die Kanäle sinnvoll zu verbinden, um den Kunden ein wirklich nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten. Dafür müssen sie jedoch ihre Prozesse optimieren und in eine moderne und leistungsfähige IT-Infrastruktur investieren.Herr Selzer, über welche IT-Infrastruktur sollte ein Händler verfügen, der sinnvoll seinen stationären und Online-Vertrieb verbinden möchte?Um den stationären und den Online-Vertrieb zu verbinden, benötigt der Händler im Ladengeschäft zuerst einmal einen Internetzugang. Eine W-LAN-Ausleuchtung ist mittlerweile erschwinglich. Wer dem Kunden einen zusätzlichen Service bieten will, kann in seiner W-LAN-Konfiguration einen entsprechenden Gast-Zugang vorsehen. Wer dabei rechtliche Fallstricke vermeiden will, kann diesen W-LAN-Service auch ganz outsourcen. Installation, Konfiguration und Betrieb werden dann von einem der renommierten Netzgesellschaften übernommen.
Der Betrieb zusätzlicher Anwendungen – neben einem ERP- oder Warenwirtschaftssystem – wie z. B. ein Online-Shop kann ebenfalls komplett von einen Shop-Provider übernommen werden. Für das Hosting der Business-Lösung macht häufig eine Cloud-Lösung Sinn. Die Investition ist deutlich geringer und die Sicherheit deutlich höher als ein Betrieb in Eigenregie.
Ein modernes Warenwirtschaftssystem ist eine wichtige Voraussetzung für einen funktionierenden Multichannel-Vertrieb. Welche Features sollte dieses bieten?Eine moderne Warenwirtschaft sollte die Brücken zwischen den Prozessen des klassischen stationären Handels und dem Online-Handel schaffen. Eine zentrale Stammdatenpflege und durchgängige Prozessabwicklung ist sicherlich eine Grundvorrausetzung, um die Prozesse effizient und ohne Medienbrüche zu gestalten. Um beim Multi-Channel-Retailing im Unternehmen effektiv arbeiten zu können und dabei gleichzeitig den Kunden einen Mehrwert zu bieten, ist u.a. auf folgende Punkte ein Augenmerk zu legen:
- Die Preispflege sollte für die verschiedenen Vertriebskanäle individuell pflegbar sein.
- Die Anbindung von unterschiedlichen Online-Shops sollte über eine geeignete variable Schnittstelle möglich sein.
- Eine zentrale Auftragsbearbeitung sollte die Aufträge aus den verschiedenen Kanälen im System zusammenführen, um die weiteren Prozesse effizient und vor allem kundenorientiert zu gestalten. Customer-Experience Management steht im Mittelpunkt auf dem Weg zu einem erfolgreichen Omni-Channel Handel.
- Für den Versand der Ware, egal ob der Kunde sich die im Laden gekaufte Ware nachsenden lässt oder Online einen Artikel gekauft hat, sollte das System über eine Lösung zur Kommissionierung der Ware und eine Anbindung an die gängigen Versanddienstleister verfügen. Mit Blick auf die Customer Experience, wäre hier natürlich die Trackinginformation an den Kunden unabdingbar.
Um den Kunden die heute gewünschten Services anbieten zu können, benötigt auch der Mitarbeiter am PoS direkten Zugriff auf alle relevanten Informationen. Wie kann ein modernes Kassensystem hier helfen?Eine Verzahnung beider Welten ohne Medienbrüche ist das A und O, denn der Händler möchte ja dem Kunden einen Mehrwert durch Service anbieten. Nur den reinen Verkauf am POS zu tätigen reicht heutzutage und insbesondere im Handel der Zukunft nicht mehr aus. Ob an der Kasse, per Smartphone- oder Tablet App, bieten sich am POS enorm viele Möglichkeiten den Arbeits-Workflow enorm zu vereinfachen und dabei sogar die Customer Experience zu erhöhen:
Händler sollten z. B. dabei nicht nur die Möglichkeit haben, um am POS nach einem Bestand in einer Filiale zu suchen, sondern auf Wunsch auch direkt zum Kunden gesendet werden. Der Kunde hinterlässt dabei auch, sein Einverständnis vorausgesetzt, seine Kundendaten, die der Handel dann wiederum für weitere Kundenbindungsmaßnahmen über das System verwenden kann. Daneben müssen die Anwendungen ebenso für verschiedene Einsatzgebiete flexibel sein.
Funktionen die früher klassisch im Back-Office angesiedelt waren müssen heute oftmals direkt im POS verfügbar sein. Dieser Umstand kann auch durch neue zusätzliche Tablet-Computer unterstützt werden. Der Verkäufer hat sinnvolle Funktionen wie z. B. die Bestandauskunft oder den Online-Shop auf dem Tablet als App verfügbar und kann den Kunden beraten und bedienen.
Am POS bieten sich darüber hinaus mit neuester Technik und natürlich in überschneidungsfreier Verbindung mit den POS- und Warenwirtschaftssystemen vielfältige Möglichkeiten die Customer Experience im Sinne des Omni-Channel-Gedankens zu maximieren.
Viele Händler nutzen die für einen sinnvoll verzahnten Multichannel-Vertrieb nötigen IT-Lösungen über die Cloud. Welche Vorteile hat das Cloud Computing für ein Handelsunternehmen?Skalierbarkeit, Datensicherung, Datensicherheit, Hochverfügbarkeit, günstige Mietlösung, IT-Kostenreduktion, Investitionssicherheit und Standort unabhängiger Zugriff auf die Daten sind nur einige Vorteile bei Private-Cloud-Lösung mittels rechtssicherer Datenhaltung in Deutschland. Dem Händler sind bei der Expansion und der Erweiterung der Anwendungsbereiche über die Cloud praktisch keine Grenzen gesetzt. Die Leistungen in der Cloud können jederzeit nach Bedarf aufgestockt werden.
Mit dem richtigen Partner hat man außerdem immer die Gewähr mit der neusten Version der Software und damit auch mit den neusten Entwicklungen und Möglichkeiten einer ERP- oder Warenwirtschaftslösung arbeiten zu können. Das ist insbesondere in diesem sehr dynamischen Handelsumfeld und der wachsenden Anzahl von Anwendungsfällen sehr wichtig.
Interview: Daniel Stöter, EuroCIS.com