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"Der Aufschwung verändert den Markt für Logistik-Software" - Interview mit Dr. Hans Christoph Dönges, Geschäftsleitung SALT Solutions für den Unternehmensbereich Logistik

24.11.2011
Software für Lager und Logistik

Welchen Stellenwert hat Logistik bei SALT Solutions?

Logistik gehört zu unseren Kernkompetenzen. Im Grunde haben alle unsere 270 Mitarbeiter mit Logistik-Prozessen zu tun. Wir bieten Logistik-Lösungen für Industrie- und Handelsunternehmen, sowie für Logistik-Dienstleister. Dabei decken wir ein breites Portfolio an Prozessen ab. Das reicht von logistischen Anforderungen an Produktionsstandorten bis hin zur Logistik in der Einzelhandelsfiliale. Es umfasst konkrete Transport- und Lagerprozesse einerseits, sowie die systemübergreifende Steuerung von Warenströmen und die technische Integration von an der Supply Chain beteiligten Unternehmen andererseits. Gerade diese Verzahnung von unterschiedlichen Teilnehmern in der Logistikkette gelingt uns aufgrund unseres breiten Branchenwissens recht gut.

Welche neuen Akzente haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zum Jahreswechsel gesetzt. Woran arbeiten Sie aktuell?

So viele neue Akzente brauchte ich gar nicht zu setzen. Dieter Heyde hat mir ein wohl bestelltes Feld hinterlassen. Allerdings war der Zeitpunkt günstig, da ich in den Aufschwung hinein arbeiten kann. Dieser Aufschwung verändert auch den Markt. Mehr Mitbewerber treten auf und das Kaufverhalten unserer Kunden hat sich in der Krise verändert. Sie kaufen sehr viel produktorientierter und in kleineren Tranchen. Darauf haben wir uns eingestellt und justieren im Moment noch etwas nach. Wir reagieren flexibler und schneller auf den Kundenwunsch und stellen klar definierte Produkte in den Vordergrund unseres Leistungsangebotes. Das reicht von SAP EWM für die Lagerverwaltung und SAP TM für das Transportmanagement, die bereits im Produktkern sehr starke Logistik-Funktionalitäten mitbringen, bis hin zu eigenen Produkten, die kritische Funktionen übernehmen, die im SAP-Standard nicht abgedeckt sind.

Wo hat SAP die meisten Lücken?

Na, auf diese kritische Frage habe ich gewartet. SAP ist nicht so schlecht, wie Ihre Frage suggeriert. Es gibt jedoch Felder, da überlässt SAP die Aufgaben gerne den Partnern. Insbesondere dann, wenn die Lösungsvarianten zu einer Aufgabe „unhandlich“ werden. Als konkretes Beispiel möchte ich mal die Anbindung von KEP-Dienstleistern an das SAP-System nennen. SAP stellt mit XSI – dem „Express Shipper Interface“ – eine Rumpfschnittstelle zur Verfügung. Die Ausprägung für die vielen Dienstleister dieser Welt - also DHL, DPD, UPS, TNT, GLS, etc. – haben wir gelöst. Daraus haben wir ein Add-On geschaffen, das wir als Produkt sowohl an das klassische SAP ERP, als auch an SAP EWM einfach anschließen können. Solche Add-Ons stimmen wir im Entwicklungsprozess auch mit SAP ab, damit wir nicht nach sechs Monaten von einer Entwicklung aus Walldorf überholt werden.
Häufig wird auch über die Anwenderfreundlichkeit von SAP-Dialogen gesprochen. Hier stellen wir für kritische Prozesse im Lager, etwa für Kommissionierung oder Verpackung, optimierte Dialoge als Add-On zur Verfügung.

Sind Ihre Add-Ons Einzelanfertigungen? Beschreiben Sie doch mal ein Kundenbeispiel.

Viele der Ideen für Add-Ons entstehen im Projekt oder im Vertriebsprozess. Und es stimmt, dass der Ursprung einzelner Add-Ons Projektlösungen sind. Dadurch wird erreicht, dass die Lösung auf jeden Fall den Kundenbedarf trifft. So ist zum Beispiel unser Add-On zur Gefahrgutabwicklung aus der Anforderung entstanden, in einem Projekt eine nicht SAP-basierte Lösung zu ersetzen. Wenn wir allerdings erkennen, dass eine Projektanforderung wiederverwendbar ist oder sogar das Potenzial zu einem Produkt hat, dann setzen wir dafür eine eigene Produktentwicklung auf, die insbesondere Release-Fähigkeit des Add-Ons und vom Projekt unabhängige wiederholte Testbarkeit absichert.

Nicht für jeden lohnt sich die große SAP-Lösung. Was wollen zum Beispiel kleinere Kontraktlogistiker oder Fachhändler?

Das ist gut erkannt. Gerade Logistikdienstleister müssen häufig für den Kontrakt bauen. Manchmal mit extrem kurzen Vorlaufzeiten und für Laufzeiten, die immer kürzer werden. Hier sind flexible Lösungen mit extrem kurzen Amortisationszeiten gefragt. Genau da setzt unser Produkt „LogBase“ an. „LogBase“ ermöglicht Logistik-Dienstleistern und Händlern eine optimale Abstimmung zwischen ihren Logistik-Kapazitäten und den Anforderungen ihrer Mandanten beziehungsweise Handelsformaten. Der Kunde hat dabei die Wahl, „LogBase“ auf eigener Servertechnik zu betreiben oder es aus der Cloud als „LogBase onDemand“ zu beziehen.

Mobile Anwendungen waren auch bei Ihnen ein großes EuroCIS-Messethema. Worin bestehen die Herausforderungen beim Einsatz mobiler Geräte in Sachen Nachschub und Flächenbewirtschaftung?

Die größte Herausforderung ist die Akzeptanz entsprechender Lösungen beim Nutzer. Das rasante Aufkommen von Smartphones und Tablet-PCs hat hier neue Maßstäbe für die Usability im Hinblick auf intuitive und bequeme Bedienbarkeit gesetzt. Das war bisher nicht die Stärke von klassischen Geschäftsanwendungen. Weiterhin möchten die Anwender nicht mit mehreren Geräten mobil sein müssen. Das bedeutet: Auch Barcode-Scans, RFID, und zusätzlich Telefonie sollten über dasselbe mobile Endgerät möglich sein.

Nicht überall ist ausreichend Funkbandbreite verfügbar, die Mobil-Applikationen müssen also auch offline funktionsfähig sein und sich automatisch mit dem Backend synchronisieren. Mit unserer erstmalig auf der Euroshop 2011 vorgestellten iPad-Applikation „alexa MRS – die Abkürzung steht für „Mobile Retail Solutions“ - können Außendienstmitarbeiter des Handels ihre typische Tagesarbeit wie Erfassen und Monitoring von Bestellungen, Pflege von Kundendaten oder Präsentation neuer Kollektionen komfortabel bewältigen – im typischen Look and Feel des iPads.

Gemeinsam mit Partnern bieten Sie integrierte Lösungen für Mode- und Lifestyle-Einzelhandel. Warum gerade dieses Segment? Sind weitere Segmente geplant?

Der Einzelhandel im Segment Fashion & Lifestyle ist durch besondere Komplexität geprägt, was nicht so sehr von der Größe der jeweiligen Unternehmen abhängt, sondern durch die Eigenschaften dieser Märkte bedingt ist. Das zeigt sich in der ausgeprägten Saisonalität, Mode-bedingten Absatzrisiken und einer hohen Sortimentsvielfalt durch die Farb- und Größenproblematik. Das erfordert spezielle warenwirtschaftliche Lösungen für die Kernprozesse dieser Unternehmen. Man denke nur an die Stichworte Vertikalisierung und Flächenbewirtschaftung. Mit unserem Warenwirtschaftssystem „alexa“ adressieren wir deshalb speziell dieses Segment. Unsere Strategie ist es, die eigentliche Kernlösung vollständig bei SALT Solutions weiter zu entwickeln und nur periphere Themen wie Finanzbuchhaltung oder Personaleinsatzplanung durch Partnerlösungen abzudecken. Wir sehen die Perspektive dabei primär in einer ständigen Verbesserung der Fashion-Funktionalität. Bereits heute ist „alexa“ international einsetzbar, mehrwährungsfähig, mehrmandantenfähig und mehrsprachig.

SALT Solutions startete 2002 und hat jetzt über 200 Mitarbeiter. Wie lange können oder wollen Sie noch selbständig bleiben?

Es ist das ausdrückliche Ziel unserer drei Gesellschafter, dass SALT Solutions ein unabhängiges Unternehmen bleibt. Basis dafür ist nachhaltiges Wachstum mit einer Umsatzrendite, die dieses Wachstum auch finanziert. Es gibt ja wesentlich größere private Unternehmen, also sehe ich persönlich da in absehbarer Zeit keine Begrenzung für unser Wachstum. Klarerweise erfordert das eine Strategie zur Ausschöpfung unserer Stammmärkte und eine für unsere Kunden nachvollziehbare Erweiterung unserer Kompetenz. Das bedeutet für die Kunden von SALT Solutions in erster Linie: „Wir kümmern uns“: Und dann auch mutig um neue Themen, die unsere Kunden bewegen.

Interview: René Schellbach, EuroCIS.com