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Sehen, hören, riechen, handeln: Einkaufen mit allen Sinnen

27.11.2011
Einkaufen mit allen Sinnen

Überall, wo Menschen zusammenkommen, entsteht Interaktion. Bediente bislang ein Kunde oder Mitarbeiter ein Terminal allein, sind jetzt auch Aktivitäten mehrerer User gleichzeitig möglich – mit Multitouch-Monitoren oder Projektionen auf Wände oder Böden. Beides verspricht einen kooperativen Zugang zu individuellen Inhalten. Anders als bisherige berührungsempfindliche Monitore reagieren Multitouch-Oberflächen nicht nur auf einen Finger, sondern auf verschiedene Impulse gleichzeitig. Hierbei sind Gesten mit mehreren Fingern oder auch Wischbewegungen möglich, ähnlich wie bei neuen Smartphones. Oder mehrere Personen sind gleichzeitig aktiv.

Flachbildschirme und Projektionen laden die Kunden ein

Verbaut werden meist Flachbildschirme mit neuartiger Berührungsoberfläche. Sie kommen in Tischen oder zur Wandmontage auf den Markt. Ein 42-Zoll-Monitor kann durchaus 32 verschiedene Berührungspunkte gleichzeitig erkennen. Im Fuß des Tisches oder hinter dem Monitor an der Wand steckt ein leistungsfähiger PC. Für den Sound können gerichtete Lautsprecher sorgen, die weiter entfernt stehende Kunden nicht stören. Solche Systeme haben wir letzten Monat im EuroCIS-Interview vorgestellt.

Die Einsatzmöglichkeiten von Multitouch sind vielfältig: im Ausstellungsraum, am Point of Sale, auf Messen oder bei Events. Dabei kann die Information im Vordergrund stehen, etwa zur Beratung von Telefonkunden über neue Handytarife, oder im SB-Betrieb zur Konfiguration von Angeboten durch den Kunden selbst. Im Interview zu diesem Fokus-Thema mahnt Oliver Bunsen von der Firma vertigo systems jedoch, endlich auch die bislang oft ungenutzten Chancen durch Unterhaltung zu ergreifen. Eingebettet in den Laden erfülle sie keinen Selbstzweck. Das Unterhaltungsprogramm soll nicht vom Einkauf ablenken.

Firmen wie vertigo aus Köln oder Gesture Tek aus den USA bieten interaktive Projektionen an. Dabei werden Videobilder auf Schaufenster, den Boden, Wände oder Bedientresen projiziert. Kameras erkennen die Bewegungen der Passanten und Computer steuern die angezeigten Bilder. Interaktive Spiele sind damit genauso möglich wie Werbung oder Produktinformation. Diese Technik nutzt zum Beispiel Procter & Gamble in seinem neuen Concept Store in Sao Paulo. Hier sollen die Kunden interaktiv die Produkte des US-Konzerns erkunden.

Gerüche wirken unbewusst

Touch-Displays und Projektionen können die Kunden sehen. Sie wissen, dass hier moderne Technik eingsetzt wird. Anders ist es beim Duftmarketing. Hier werden unbemerkt speziell kreierte Düfte durch die Klimaanlage oder Aroma-Automaten in die Luft abgegeben. Verbraucherschützer kritisieren dies heftig, da Düfte unmittelbar im Gehirn wirken, ohne dass den Verbrauchern dies bewusst wird. Zudem sei der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Wer Brötchen verkauft, kann auch ohne eigenen Backofen den Duft frischen Brotes verbreiten und so Kunden anlocken. Außerdem könnten Asthmatiker oder Allergiker durch künstliche Aromen gefährdet werden. Die Hersteller verweisen auf Gutachten, die das Gegenteil belegen.

Den Duftexperten geht es nicht nur um Wohlgerüche, auch Gestank lässt sich mit Düften bekämpfen. Und Düfte sollen Marken erkennbar machen. So versprechen sich Hotels von charakteristischen Blütendüften, dass die Gäste das Haus am Geruch wiedererkennen – und gern wieder kommen. Duft-Designer versuchen, die Werte, für die Marken stehen, in Düfte zu übersetzen. Dabei werden wie bei edlen Parfüms viele Essenzen gemischt. Doch es kommt auch auf die Dosierung an. Der Duft soll nicht auffallen, aber wirksam sein. Der Handel wünscht sich einfach zu bedienende, wartungsarme Geräte, welche die Düfte laufend im gleichen Mischungsverhältnis und konstanter Menge abgeben.

Duftmarketing ist kein Geheimnis

Längst nicht alle Händler wollen genannt werden, wenn es um den Einsatz von Duftmarketing geht. Bekannt ist aber, dass Automarken wie BMW oder Daimler schon lange ihr Image von Parfümeuren prägen lassen. Doch die Zeiten der Geheimniskrämerei rund um den Duft im Laden scheinen vorbei zu sein. So nennt der EuroShop-Aussteller Voit aus Martinsried bei München offen einige Referenzkunden. Aus dem Nonfood-Handel sind dies Karstadt und Kaufhof, Vodafone, Reno, Obi und aus dem LEH zum Beispiel Rewe und Edeka. Air Creative aus der Schweiz, ebenfalls auf der EuroShop präsent, nennt im Web Coop, Migros, Euronics, Beate Uhse. Media-Markt und Saturn erwähnen beide Anbieter.

Duftmarketing ist in Europa schon recht weit verbreitet, erklärt denn auch Geschäftsführer Robin Voit im Interview zu diesem Fokus-Thema. Was die Konsumenten mögen, das ist freilich von Land zu Land sehr unterschiedlich. Die schweren Düfte orientalischer Basare sind bei uns nicht gefragt. Und auch zwischen Nachbarn wie Frankreich und Deutschland gibt es Unterschiede. Das ist bei Multitouch-Anwendungen ganz anders. Spiele mitten im Laden mag man über alle Landesgrenzen hinweg.

René Schellbach, EuroCIS.com