17.11.2011
Digital Signage
Der Handel bremste seine Investitionen in neue Technik, auch die Werbewirtschaft rutschte in die roten Zahlen. Von Werbung erhofft sich der Handel einen Beitrag zur Refinanzierung. Jetzt wächst die Wirtschaft wieder und die Hoffnung, dass Digital Signage jetzt den Durchbruch schafft.
Solange die Technik noch neu ist, fällt sie den Verbrauchern auf. Entsprechend verzeichnet der Handel bei Tests oft Umsatzsteigerungen deutlich über zehn Prozent. Wie jedoch geht es weiter? Werden sich die Konsumenten daran gewöhnen? Werden sie die Technik akzeptieren oder die Reizüberflutung beklagen? Die Hersteller, die sich alljährlich Ende Februar auf der EuoCIS in Düsseldorf versammeln, verbreiten Optimismus.
Aufmerksam verfolgt der Handel, wer was wo installiert. So betreibt Ratio aus Münster seit August in seinen zwölf Einkaufszentren und zwei Fachmärkten eines der modernsten POS- Marketingsysteme im deutschen Handel. Dabei sind alle modernen POS-Werbemedien in ein Gesamtkonzept integriert: Plakatdruck, elektronische Flachbildschirme und Waagendisplays. Ratio-Geschäftsführer Michael Rübel meint: „Durch die Integration dieser POS-Medien in den ganzheitlichen Werbeprozess haben wir für den Kunden und die Marke den letzten Meter am Regal geschlossen.“ Werbung dort, wo die Kaufentscheidungen fallen – das ist das Wirkungsprinzip von Digital Signage.
Checkliste zum Einsatz von Digital Signage
Die Bildschirme sind mehr als elektronische Preisplakate. Videos sollen Emotionen wecken, redaktionelle Nachrichten sollen das Werbemedium zum Ladenfernsehen machen – zum Instore-TV. Der Einstieg in Digital Signage will jedoch gut überlegt sein. Gut gerüstet ist, wer sich vor dem Start die entscheidenden Fragen stellt nach Sinn und Zweck stellt.
Wie im Marketing lautet auch bei Digital Signage die erste Frage: Wer ist die Zielgruppe? Junge Menschen sind besonders technikbegeistert. Sie sind seit Viva und MTV Videos mit schneller Schnittfolge gewohnt. Ältere Kunden dagegen beklagen bereits jetzt die Reizüberflutung in den Geschäften. Die nächste Frage betrifft die Produkte: Lassen sich die Angebote gut in Bildern darstellen? Steht dabei Action im Vordergrund wie beispielsweise bei Sportaktivitäten? Oder geht es um das Wecken von Wünschen und Sehnsüchten, wie etwa bei Traumreisen oder Mode?
Monitore: groß und klein, für Information und Dialog
Es gibt großformatige Monitore zur Montage an Decken, Regalen und Wänden. Und es gibt Bildschirme als Wegweiser oder Preisschilder und kleine Displays, die an der Thekenwaage oder an der Kasse montiert sind. Im Hintergrund braucht man Steuertechnik und Software. Die Inhalte für die Filialen werden über Internet, Mobilfunk oder Telefonleitungen geliefert und im Laden per WLAN oder Kabel auf die Monitore verteilt.
Sollen die Kunden selbst Informationen abrufen können? Durch Dialogangebote werden Monitore zu Kiosk-Terminals – vom Fahrkartenautomaten über den Produktberater im Warenhaus bis hin zu Bestellsystemen etwa für Musiktitel. Die Kunden steuern die Geräte meist mittels Fingertipp auf berührungsempfindlichen Bildschirmoberflächen, seltener über Tastaturen. Einige neue Handys können bereits fotografierte Matrix-Codes entschlüsseln und damit Informationen abrufen. Alternativen sind die Übertragung per Bluetooth oder – bislang nur mit wenigen Handys – die Nahbereichskommunikation (NFC). Im Ruhezustand wird aus dem Kioskterminal ein Werbebildschirm.
Wer liefert die notwendigen Inhalte?
„Content is King“, lautet das Motto bei Digital Signage. Notwendig ist eine Datenbank mit Produktbildern, Imagefotos, Präsentationen und Videos. Bei den Produktherstellern, Verbundgruppen oder Bilddatenbanken fragen. Wer News, Wettterberichte, Börsenkurse oder Sportergebnisse einblenden will, braucht einen Nachrichtenlieferanten.
Auch auf der nächsten EuroCIS werden wieder zahlreiche Aussteller Komplett-Services anbieten. Sie nehmen dem Handel die Arbeit ab, installieren und unterhalten die Technik, kümmern sich um die Beschaffung oder Produktion von Inhalten und stellen die auszustrahlenden Programme in so genannten Playlisten zusammen, mit denen jeder Screen unterschiedlich gesteuert werden kann. Wie immer bei Outsourcing muss der Auftraggeber prüfen, wie sehr er sich dadurch von seinem Partner abhängig macht.
Standort bestimmt Technik und Programm
An der Kasse oder an der Bedientheke sind Displays länger im Blick als im Vorübergehen am Regal. Darauf müssen die gezeigten Inhalte abgestimmt werden. Je kürzer der Blick, desto kürzer die Spots. Je größer die Monitore sind, desto teurer sind sie – bei der Anschaffung und im Betrieb. Die Montage ist im Hoch- und Querformat möglich. Das Querformat (Landscape) sieht aus wie Fernsehen daheim, das hohe Format (Portrait) erinnert an Plakate. Angebote zeigt man eher im Hochformat, Filme wirken besser quer.
Wo sind welche Informationen sinnvoll? Sportergebnisse gehören nicht an die Wursttheke, dagegen sind Rezepttipps in der Obst- und Gemüseabteilung sinnvoll. An der Kasse ärgern die Kunden sich über Warteschlangen und das Bezahlen-Müssen. Hier sind die Kaufentscheidungen gefallen, Werbedruck lohnt sich daher nicht. Besser: Witziges, regionale Termine, Wetter, Danke für den Einkauf, Treuepunkte etc.
Werbemarkt entwickelt sich nur langsam
Viele Hoffnungen auf Werbeeinnahmen haben sich für den Handel bislang nicht erfüllt. Die Markenartikler warten ab, Werbeagenturen vermissen noch immer verlässliche Zahlen zur Reichweite. Realistischer ist bislang der Ansatz, die Kosten durch vermehrten Abverkauf zu decken. Allerdings kann auch ein Imagegewinn ins Kalkül einbezogen werden.
Es zeigt sich inzwischen, dass die Werbewirtschaft in größeren Dimensionen denkt als sie viele Fachhändler oder Filialisten bieten können. Die Werber buchen dort, wo viele Menschen die Werbung sehen. Die meisten Konsumenten erreicht man nicht in einem Laden, sondern im Shopping-Center, auf öffentlichen Plätzen, in Bahnhöfen oder an U-Bahn-Knotenpunkten. Die Plakatflächenvermarkter Stöer und Wall bieten längst auch Digital Signage an und überbieten sich in Millionen-Reichweiten. Der Shopping-Cehnter-Betreiber ECE will mit DS-Werbung Geld verdienen.
René Schellbach, EuroCIS.com